„… stattdessen habe ich das Buch geschrieben.“

[Freitag, 10. März 2017 16:00]
„… stattdessen habe ich das Buch geschrieben.“

Schüler der KSDill interviewen Dr. Sindiwe Magona zu ihrem Erfolgsroman „Mother to Mother“

Seit dem Beginn des aktuellen Schuljahres beschäftigten sich die Schüler der beiden Leistungskurse Englisch des beruflichen Gymnasiums unter der Leitung von Stefan Müller und Larissa Quiring mit der Geschichte und der Gesellschaft Südafrikas. Ein wesentlicher Unterrichtsinhalt war hierbei die Betrachtung des Romans „Mother to Mother“ der südafrikanischen Autorin Sindiwe Magona.

Am vergangenen Dienstag hatten die Schüler nun die Gelegenheit ihre Fragen zum Roman live an Dr. Magona zu stellen. Diese hatte sich zuvor zu einem Skype-Interview mit den Schülern der Kaufmännischen Schulen bereit erklärt. Nur zwei Wochen vor den anstehenden Abiturprüfungen im Fach Englisch nutzten sie diese Gelegenheit und „löcherten“ die Autorin gut eine Stunde lang mit zahlreichen Fragen zu ihrer Person, dem Roman und der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage in Südafrika. Magona nahm sich sehr viel Zeit für die Antworten und gab den Schülern so tiefe Einblicke in ihr Leben, die Zeit der Apartheid in Südafrika und die Entstehungsgeschichte ihres Erfolgsromans.

Im aktuellen Schuljahr erstmals hessenweit Pflichtlektüre für alle Englisch-LKs in der Q3, erzählt der Roman den Fall der am 25. August 1993 in einem schwarzen Township Kapstadts ermordeten amerikanischen Austauschstudentin Amy Biehl. Acht Monate vor den ersten freien Wahlen in Südafrika und nur einen Tag vor ihrem Rückflug in die USA wollte die Anti-Apartheid-Aktivistin mehrere dunkelhäutige Kommilitoninnen nach Hause fahren, als sie von einem Mob schwarzer Jugendlicher entdeckt wurde. „One settler! One bullet!“ („Ein Siedler! Eine Kugel!“) rufend, steinigte man zunächst ihr Auto und ermordete Amy Biehl anschließend mit zahlreichen Messerstichen. Der Fall löste damals weltweit Empörung und Betroffenheit aus und veranlasste die Autorin Sindiwe Magona zum Verfassen ihres Romans.

 „Zur Zeit des Mordes arbeitete ich für die Vereinten Nationen in New York. Es brach mir das Herz, als ich von dem Vorfall in meiner Heimatstadt hörte. Amy Biehl wurde aus nur einem einzigen Grund getötet: ihrer Hautfarbe. Sie wurde ermordet, weil sie weiß war. Einer der vier verurteilten Mörder war der Sohn einer Jugendfreundin von mir. Es hätte aber auch genauso gut mein Sohn sein können.“ Von diesen Gedanken getrieben, entschloss sich Sindiwe Magona einen Roman aus der Sicht der Mutter einer der Mörder adressiert an die Mutter des Opfers zu schreiben. „Ich musste Amy Biehls Mutter einfach erklären, warum ihre Tochter ums Leben kam. Diese vier Jugendlichen haben sie letztendlich getötet, in Wahrheit waren es aber alle Südafrikaner – Schwarze wie Weiße – die sie ermordet haben.“ Die Schüler erfuhren, dass der Roman im Grunde das Resultat der Feigheit der sehr bescheidenen Autorin ist. „Ich bin ein Feigling. Wäre ich kein Feigling, hätte ich Amys Mutter aufgesucht und mit ihr gesprochen. Stattdessen habe ich das Buch geschrieben.“

Interessant war das Interview für die angehenden Abiturienten aber noch aus einem ganz anderen Aspekt. So wurde nach dem Interview angemerkt, dass es überraschend war zu erfahren, dass im Unterricht oftmals mehr in Romane hineininterpretiert wird als die Autoren tatsächlich beabsichtigt haben. Zum Abschluss gab Frau Magona den Schülern noch letzte Tipps für die anstehenden Abiturprüfungen mit auf den Weg und wünschte ihnen viel Erfolg.

Wer Interesse hat, sich näher mit der Thematik auseinanderzusetzen, findet das Interview auf dem YouTube-Kanal der Kaufmännischen Schulen