Rohstoffe aus dem Weltall?

[Mittwoch, 15. März 2023 11:39]
Rohstoffe aus dem Weltall?

Physikkurse der BG 13 besuchen Vortag zum Thema Spacemining an der JLU Gießen

Angesichts des ständig wachsenden Bedarfs an Ressourcen richtet sich der Blick von Wissenschaftlern und Unternehmern auf die Sterne. Spacemining, der Prozess der Gewinnung wertvoller Materialien aus Asteroiden, Kometen und anderen Himmelskörpern, hat das Potenzial, die Rohstoffgewinnung zu revolutionieren und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Einen Vortrag zu diesem aktuellen Thema besuchten jüngst die beiden Physikgrundkurse der Jahrgangsstufe 13 des Beruflichen Gymnasiums mit ihrem Lehrer Herrn Nassauer. Der experimentelle Vortrag war Teil der Vortragsreihe Physik im Blick des Fachbereiches Physik der Universität Gießen.

Herr Professor P. J. Klar stellte zunächst die Grundlagen der Fortbewegung von Raumfahrzeugen vor. Hierzu zählen elektrische, chemische, elektrothermische sowie Kaltgas-Antriebe. In Experimenten wurden die Vor- und Nachteile der jeweiligen Fortbewegungsart dargestellt. Maßgeblich ist das Zusammenspiel zwischen der Schubleistung und der Masseneffizienz. Z. B. haben elektrische Antriebe (ein Forschungsgebiet des Fachbereiches, siehe Bild) eine hohe Masseneffizienz, liefern aber nur geringe Schübe. Bei chemischen Antrieben ist es umgekehrt hohe Schübe bei geringer Masseneffizienz. Um einen Asteroiden zu erreichen und dessen Rohstoffe abzubauen bzw. ihn in eine erdnahe Umlaufbahn zu bringen ist ein Mix aus beiden Antrieben nötig.

Nachdem die Frage geklärt war, wie man ein lohnendes Ziel im All erreicht, ging es dann um die Definition, ab wann Spacemining auf einem Asteroiden lohnend erscheint. Professor Klar stellte die verschiedenen Asteroidenklassen vor. Deren Größe reicht von 1 m bis zu 1.000 km im Durchmesser. Außerdem unterscheiden sie sich in der chemischen Zusammensetzung. Um den Gehalt an verwertbaren Materialien und den zu erwartenden Gewinn aus deren Veräußerung zu berechnen, wurden Meteoriten – Bruchstücke von Asteroiden, die auf der Erde eingeschlagen sind, analysiert und ihre Zusammensetzung hochgerechnet. Zur Klasse der undifferenzierten gehören Asteroide vom C-Typ, welche sich durch ein breites Spektrum an chemischen Verbindungen auszeichnen. So wertvoll, dass man sie zur Erde transportieren und dort zerlegen würde erscheinen differenzierte Meteorite vom M-Typ. Neben Eisen, Cobalt und Nickel enthalten sie auch die kostbaren Elemente Ruthenium, Rhodium, Palladium, Osmium, Iridium und Platin (PG-Metalle) und das in einem etwa 10x so hohen Gehalt wie auf der Erde. 

Eine Beispielrechnung von Professor Klar zeigte jedoch, dass ein potenzieller Asteroid von     500 t und 10 m Durchmesser etwa PG-Metalle im Wert von ca. 0,5 Mio $ enthält. Demgegenüber stehen 52 Mio $ allein für Treibstoffkosten. Also momentan noch unrentabel. Das könnte sich aber ändern, sofern das Asteroid-Mining dem Moor´schen Gesetz folgt, welches besagt, dass mit zunehmendem Entwicklungsstand die Kosten geringer werden.

acr-timeline.jpg

Die in der Abbildung dargestellte ACR-Mission (Asteroid Capture and Return-Mission) würde 10 Jahre dauern und 2,6 Mrd $ kosten. Das Raumfahrzeug fängt den Asteroiden ein und schleppt ihn auf einen „Parkplatz“ im Weltall nahe dem Mond. Dort könnte dann die Aufbereitung des Asteroidenmaterials erfolgen.

Neben den Metallen der Platinmetallgruppe bieten die Asteroiden eine breite Palette an Stoffen, die für eine Besiedelung des Weltraumes von großem Nutzen sein könnten. In diesem Zusammenhang rechnet sich das Spacemining.

Trotz dieser Herausforderungen haben viele Unternehmen und Organisationen bereits das Potenzial von Spacemining erkannt. Zum Beispiel entwickelt die NASA derzeit die Asteroid Redirect Mission, die darauf abzielt, Technologien zum Erfassen und Umleiten eines Asteroiden in eine Umlaufbahn um den Mond zu testen. Private Unternehmen wie Planetary Resources und Deep Space Industries arbeiten ebenfalls daran, die notwendige Technologie und Infrastruktur für Spacemining zu entwickeln.

Text und Foto: Thomas Nassauer